Von der Hausbesetzung zum Altersheim

T&T Wollner auf Scherbensuche

„Wie gestaltet man einen unterhaltsamen Abend mit Songs von Rio Reiser?“ – dieser Frage haben sich Tabea und Tobias Wollner gestellt. Am vergangenen Donnerstag gab es in der ausverkauften Magdeburger Feuerwache im Rahmen der Magdeburger Songtage die Premiere ihres neuen Programms „Rio‘s Scherben“.

Im Vorfeld erklärte Tabea Wollner „Wir werden nicht Reiser-Musik spielen…..Wir nehmen seine Lieder auf und machen etwas Eigenes daraus.“ Und so war es dann auch. Wunderbar leidenschaftlich und kraftvoll präsentierten die Geschwister Wollner Rio- und Scherbensongs aus allen Schaffensphasen.

Das Leben, beginnend mit einer Hausbesetzung über das Einsitzen im Knast bis hin zum Wohnen im Seniorenheim mit „Geruch nach Pfefferminztee und Franzbranntwein“, zog sich wie ein roter Faden durch den Abend. Wie geht Hausbesetzung? Wie lebt man in Anarchie und sexueller Freiheit? Am Ende stellen wir fest, Anarchie ist kein Lebenskonzept, welches dauerhaft Bestand haben kann. Der Kühlschrank will gefüllt sein und die meisten von uns sehnen sich nach einer gewissen Struktur im Leben. Fragen wie „Was ist Demokratie?“ oder „Ist Normalität nicht letztendlich relativ?“ wurden aufgeworfen, selbst das „Bedingungslose Grundeinkommen“ fand Erwähnung. Die Frage:“Was hatten wir früher für Ideale?“ wurde bitter mit „Wir haben sie vergessen.“ beantwortet.

T&T Wollner verstanden es, ihr Publikum an diesem Abend mit einem gut durchdachten Konzept zu unterhalten. Wir hatten den Eindruck, dass der Poet Rio Reiser im Vordergrund stand. Besonders hervorzuheben sind hier die Interpretationen der Songs „Nur für dich“, „Stiller Raum“ oder „Du bist es“. Die Geschwister Wollner glänzten nicht nur als gute Schauspieler und Sänger, sondern auch als hervorragende Multiinstrumentalisten, was mit tosendem Schlussapplaus belohnt wurde. Worauf, zur Freude der Zuhörer, noch zwei Zugaben folgten.

Ein kleiner Wermutstropfen bleibt. Rio Reiser war ein durch und durch politischer Mensch. Mit Songs wie „Keine Macht für niemand“, „Macht kaputt was euch kaputt macht“ oder „Allein machen sie dich ein“ mischte er sich seinerzeit in das deutsche Politikgeschehen ein. Etwas mehr politische Schärfe hätte dem Programm sicher nicht geschadet.

Text: Anna Gramm
Fotos: Wenzel Oschington

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