Fahrscheinfreier Nahverkehr – wie soll das gehen?

Was ist uns der ÖPNV wert?

Fahrscheinfreier ÖPNV (Öffentlicher Personennahverkehr), Bürgerticket & Co. – unter diesem Motto hatten Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und Gartenpartei am Mittwoch zu einer Diskussionsrunde ins Magdeburger Rathaus eingeladen. Als kompetente Gesprächspartner standen Dr. Jürgen Gies vom Institut für Urbanistik in Berlin, Steffen Tiepach (Leipziger Verkehrsbetriebe), Birgit Münster-Rendel (MVB), Werner Faber (Verband Deutscher Verkehrsunternehmen) sowie Matthias Bärwolff, Stadtrat in Erfurt, zur Verfügung.

Die Innenstädte (Städte) erleiden einen Verkehrskollaps, Parkplätze werden knapp, Lärm, Abgase und Unfälle nehmen zu. Eine Möglichkeit, den Verkehr aus den Städten zu verbannen, ist die Attraktivität des Nahverkehrs zu erhöhen bzw. die Einführung des fahrscheinfreien ÖPNV.

Wer soll das bezahlen?

Finanziert werden könnte der fahrscheinfreie ÖPNV durch eine Nahverkehrsabgabe, die alle volljährigen Bürger zahlen. Berechnungen zufolge sollte diese nicht mehr als 20 Euro pro Monat betragen. Aber auch sogenannte Nutznießer, die indirekt von den ÖPNV-Fahrgästen profitieren, sei es als Kunden, Besucher und Firmenmitarbeiter, könnten an den Betriebskosten des ÖPNV beteiligt werden. Im Gespräch sind weiterhin eine ÖPNV-Abgabe für Gäste, die Einbeziehung von Car-Sharing und P+R (Park and Ride). Ohne die bisherigen Zuschüsse von Land und Bund komme man jedoch auch weiterhin nicht aus.

Was bringt das?

Vorteile liegen beispielsweise in sinkenden Umweltkosten, der Belebung von Innenstadt und Stadtquartieren, geringeren Kosten für die Sanierung von Straßen, Brücken und Gebäuden sowie dem Wegfall der Vertriebskosten der Verkehrsbetriebe.

Nicht unerwähnt bleiben dürfen die Kosten, die durch den fahrscheinfreien Nahverkehr entstehen. Das erhöhte Aufkommen an Fahrgästen muss durch ein dichteres Netz, einen größeren Fuhrpark und somit eine Ausweitung der wirtschaftlichen Tätigkeit der Verkehrsbetriebe ausgeglichen werden.

Wie soll das gehen?

Die weitaus schwierigere Aufgabe besteht jedoch darin, die Akzeptanz in der Bevölkerung zu gewinnen. Dies könne durch eine schrittweise Einführung des fahrscheinlosen ÖPNV (z.B. an Wochenenden) gelingen.
Dass es funktionieren kann haben Städte wie Tallin (500.000 Einw. – seit 1.1.2013), Aubagne in Frankreich (200.000 Einw.) und Chengdu in China (16 Millionen Einw. – seit 2013) vorgemacht.

Eine komplexe Aufgabe, die nicht einfach zu lösen sein wird und gut durchdachte Modelle verlangt.

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